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04.11.2008 09:53 Alter: 15 yrs
Kategorie: IG Nachbau Bauernstimme
Von: Unabhängige Bauernstimme 10/08

Die strengen Gralshüter vergangener Zeiten

Das Landwirtschaftsministerium und das Bundessortenamt machen es Ökozüchtern schwer


Von gestern sei das Verhalten, beziehungsweise von vor 100 Jahren als die staatlich überwachte Sortenzulassung noch der Ernährungssicherheit diente, welches das Bundeslandwirtschaftsministerium im engen Schulterschluss mit dem Bundessortenamt (BSA) da vorführe. Und damit überhaupt nicht angepasst an die differenzierten Märkte von heute, konstatiert Peter Röhrig vom Bundesverband ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). Es geht vordergründig um ein Projekt angeschoben noch unter dem rot-grünen Bundesministerium mit Renate Künast, das jetzt einen schleichenden schwarzen Tod stirbt: die Förderung einer eigenständigen Pflanzenzüchtung für den ökologischen Landbau. Noch durch die grüne Ministerin wurde eine Studie beim ihr unterstellten Bundessortenamt in Hannover in Auftrag gegeben, in dem die Wirkungen, Vor- und Nachteile einer eigenständigen Öko-Wertprüfung in der Zulassung von neuen Pflanzensorten überprüft werden sollten. Der nun fertig gestellte Abschlussbericht kommt zu der Auffassung, dass es keiner gesonderten Öko-Wertprüfung bedürfe. Die zuzulassenden Sorten sollten die normale Wertprüfung durchlaufen und bestehen, schließlich brauche man auch im Ökolandbau generelle verlässliche Qualitäten, dann könne man – natürlich unter Erhebung zusätzlicher Kosten – eine Ökoprüfung draufsatteln, so der Schluss des BSA.

Landeskultureller Wert…

Die Vertreter des Ökolandbaus interpretieren die Ergebnisse der Studie anders – sehen spezielle Öko-Qualitäten durch die konventionelle Prüfung untergepflügt - und ziehen generell die Wissenschaftlichkeit der Untersuchungen in Zweifel. Der Öko-Getreidezüchter Karl-Josef Müller geht davon aus, dass kaum eine ökologisch gezüchtete Sorte in der konventionellen Wertprüfung bestehen würde, um dann überhaupt in die Zusatzprüfung kommen zu können. Entscheidende Hürde ist der Prüfungsgegenstand des sogenannten „landeskulturellen Wertes“, der besagt, dass eine Neuzüchtung deutlich besser sein muss, als all das, was bislang am Markt vorhanden ist. Bei Züchtungen für den ökologischen Landbau geht es aber häufig um sehr spezielle Eigenschaften von Sorten, die auf die besonderen Gegebenheiten des Anbauverfahrens, welches ja nicht künstlich jeden Standortnachteil ausgleichen kann, Rücksicht nehmen. In einem konventionellen Prüfungsszenario fällt es ihnen entsprechend schwer zu punkten. Hinzu kommen die, für die in der ökologischen Pflanzzüchtung tätigen Unternehmen kaum aufzubringenden, Kosten von 15.000 bis 20.000 Euro. In dieser Gemengelage werden, wenig verwunderlich, bislang kaum echte Ökosorten beim BSA angemeldet.

Ein bisschen öko

Auch die KWS engagiert sich als konventioneller Pflanzenzüchter in der Ökozüchtung. Ihre Selektionen führen sie allerdings mindestens zur Hälfte unter konventionellen Anbaubedingungen durch und können sich damit rühmen, Zuchtlinien weiterzuentwickeln, die für beide Anbausysteme ein Gewinn sind. So schaffte ihre neu gezüchtete Ökomaissorte denn auch die konventionelle wie auch die Ökowertprüfung. Eine Selektion unter konventionellen Bedingungen kommt aber für die Überzeugungstäter aus der Ökozüchterszene nicht in Frage, deshalb wollen sie für ihre Sorten – auch um zukünftig nicht allein Gentechfirmen wie der KWS das Feld zu überlassen - einen anderen Umgang durch das BSA. „Wir brauchen Sortenversuche, die gute Beschreibungen der Sorteneigenschaften für die Praxis produzieren, wir brauchen auch eine neutrale Stelle, die das organisiert, aber wir brauchen nicht die Bevormundung durch das Bundesortenamt, was marktfähig ist und was nicht“, erklärt Müller entschieden. Peter Röhrig vom BÖLW empfindet das momentane Verfahren als Ungleichbehandlung der beiden Anbausysteme, welches das Bundesministerium angeblich eigentlich nicht will. Trotzdem bremse man dort das Bundessortenamt nicht. Friedel Cramer, zuständiger Abteilungsleiter im BMVEL, sieht dazu keinen Grund. Schließlich sei das Ganze kaum relevant, es gebe fast keine Anmeldungen für eine Prüfung nach Ökokriterien und frage man die Ökobauern, so griffen sie fast immer zu den konventionellen Sorten mit dem hohen Ertrag. Eine Abschaffung bestimmter Zulassungskriterien würde seiner Meinung auch nicht den Effekt mit sich bringen, dass kleinere Züchter besser an den Markt kommen würden. Stattdessen würden Sortenfortschritt und Mittelstand gefährdet. Und wenn es im Resteuropa so viel bessere Zulassungsbedingungen für neue Sorten kleinerer Züchter gebe, dann könne man das ja dort nutzen.

…heiliger Gral

Das Kartoffelzuchtunternehmen Norika GmbH gehört nicht zu den kleinen Ökozüchtern und hat trotzdem ähnlichen Frust mit dem Bundessortenamt. Hier guckt man tatsächlich zunehmend ins Ausland „um die rigide Struktur des BSA zu umgehen“, sagt Holger Junghans, Züchter bei Norika. Er kritisiert, das die Anbauversuche und Sortenvergleiche des BSA „nur die halbe Wahrheit“ seien, trotzdem davon aber am Ende das Schicksal einer Neuzüchtung inklusive einiger zehntausend Euro abhänge. Da sei es dann völlig egal, ob es einen Markt für die Sorte gebe, sich die Industrie bereits interessiere - das Bundessortenamt stelle die Bauern als zu dumm dar, um selbst zu entscheiden, spiele sich als Hüter der Qualität auf und überhaupt - der landeskulturelle Wert sei der heilige Gral. Ob der im übrigen Europa weniger heilig ist als in Deutschland, darüber streiten sich ebenfalls die Geister. Während Friedel Cramer vom BMVEL die Schwierigkeiten bei der Liberalisierung der Saatgutanerkennung als Bestärkung einer strengen Linie sieht, sprechen die Züchter von den begrüßenswerten Deregulierungsbestrebungen im Zuge der anstehenden Überarbeitung des gemeinschaftlichen Sortenrechts und von den einfachen und kostengünstigen Verhältnissen in zum Beispiel Österreich oder Holland. Für die großen Züchter mache es dort keinen Unterschied ob es staatliche Gralshüter gebe oder nicht, so ihr Tenor, die kleineren allerdings hätten dort einen wesentlich einfacheren Zugang zu ihren differenzierten Märkten.

Monsanto-Klagen

Bis Ende 2007 hat der Saatgutkonzern Monsanto 21,6 Mio. US-Dollar an Schadensersatzansprüchen bei Bäuerinnen und Bauern gerichtlich geltend gemacht, die – meist überführt durch die firmeneignen Privatdetektive – Nachbau mit patentiertem Saatgut betrieben haben. Den weit größeren Teil der Auseinandersetzungen um Patentverletzungen regelt Monsanto außergerichtlich mit den Bäuerinnen und Bauern und hat hier noch einmal über 200 Mio. US-Dollar erstritten. Immer wieder tauchen in den USA und Kanada Berichte von Bäuerinnen und Bauern auf, die niemals Nachbau betrieben haben, von Monsanto-Detektiven aber gedrängt und mit angeblichen Beweisen konfrontiert werden. Aus Angst vor der Macht des Großkonzerns und davor von seinen Anwälten vor den Kadi gezogen zu werden, erklären sie sich meist schnell zu einer außergerichtlichen Einigung bereit und zahlen die geforderte Entschädigung.