03.06.2008 09:48 Alter: 16 yrs
Kategorie: IG Nachbau Bauernstimme

Besser eine als keine

Die EU will endlich den Umgang mit Erhaltungssorten regeln


Manchmal werden gesetzlichen Regelungen so dringend erwartet, dass es den Beteiligten am Ende – zumindest in einem gewissen Rahmen – gar nicht mehr so drauf ankommt, welche Details darin stecken. Ein bisschen ist es so mit der sogenannten Erhaltungssortenregelung, die nun schon einige Jahre in Brüsseler Schreibtischen schmort. Initiativen zur Erhaltung alter Kultursorten aber auch die Szene der ökologischen Saatgutzüchter versprechen sich von dieser Regelung endlich eine Möglichkeit im wahrsten Sinne des Wortes die Früchte ihrer Bemühungen angemessen vermarkten zu können. Denn bislang dürfen nur offiziell durch das Bundessortenamt geprüfte und zugelassene Sorten als Saatgut gehandelt werden. Erhalter alter Sorten bewegen sich in einer gewissen juristischen Grauzone, wenn sie Samen als Schmuckstücke für die Vitrine oder gegen eine Spende abgeben. Das soll sich nun endgültig ändern, denn wenn nicht noch wieder in letzter Minute etwas dazwischenkommt, wird die EU-Kommission noch im Juni einem Vorschlag für eine Erhaltungssortenregelung zustimmen. Damit wäre dann der Weg frei für ein nationales Gesetz durch das Bundeslandwirtschaftsministerium, welches vor Monaten eine definitive Zusage zu einer schnellen Umsetzung gegeben hat. Diese sollte dann die Schwächen, die man vielleicht der EU-Reglung vorwerfen kann, ausgleichen. Die Kritikpunkte der betroffenen Praktiker beziehen sich hauptsächlich auf den entstehenden Bürokratismus und auf bestimmte Reglementierungen, die praxisfern sind. So wird es eine Anbau und Vermarktungsbeschränkung der Erhaltungssorten auf ihre Herkunftsregion geben. Nur begründete Ausnahmen lassen auch Vermarktung darüber hinaus zu unter der Voraussetzung, dass noch genug Saatgut in der Herkunftsregion verbleibt. Neben einem überbordenden Kontrollaufwand, den so etwas nach sich zieht, stellt sich auch die Frage der Sinnhaftigkeit. In sofern wird es dringend geboten sein, in der nationalen Regelung den Begriff der Herkunftsregion entsprechend weit zu fassen. Ähnlich kritisch muss man die Mengenbeschränkung auf 0.5% bzw. 0,3% - unterschiedlich je nach Kulturart -, der Gesamtanbaumenge der Art, oder auf nicht mehr als 100ha pro Erhaltungssorte sehen. „Es wird ständig von Verschlankung geredet und hier baut man einen riesigen Verwaltungsaufwand auf“, sagt Karl-Josef Müller, bio-dynamischer Getreidezüchter aus Niedersachsen. Trotzdem wartet er dringend auf die Regelung um endlich Saatgut offiziell verkaufen zu können. In Deutschland geht man von einer relativ liberalen Ausgestaltung des nationalen Gesetzes aus oder hofft zumindest darauf. In anderen EU-Ländern fürchten Erhaltungsinitiativen durchaus die mit der Regelung auch zu erwartenden Zwänge, die ihnen dadurch entstehen könnten.

Noch eine Runde…

Zur Nachbauregelung trafen sich erneut der Minister und andere – nicht alle

So ganz ausgewogen ist eine Gesprächsrunde beim Minister wohl nicht, wenn nur der Vertreter einer Interessengruppe dazu eingeladen wird, die Gegenseite aber nicht. Zum Glück saßen dort auch zwei Volksvertreter aus dem Bundestag, die in diesem Fall die Befindlichkeiten der nicht eingeladenen Bäuerinnen und Bauern auf dem Zettel hatten. Geladen hatte also Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer einmal mehr zum Thema Nachbauregelung, den Vorsitzenden des Bundesverbandes deutscher Pflanzenzüchter (BDP) Kartz von Kameke und die beiden Bundestagsabgeordneten Peter Bleser von der CDU und Elvira Drobinski-Weiß von der SPD. Es wird berichtet, von Karmeke habe – auch einmal mehr – die Situation der Pflanzenzüchter bejammert, die nicht wissen, wie sie an ihr Geld kommen sollen. Bleser wie auch Drobinski-Weiß haben daraufhin gewiesen, dass es eine klare rechtliche Regelung gibt. Und Drobinski-Weiß regte an, man könne schließlich auch darüber nachdenken die Nachbaugebühren auf die Z-Lizenzgebühren draufzulegen. Sich dazu etwas zu überlegen bekamen die Mitarbeiter des Bundesministeriums als Hausaufgabe mit. Befriedigt haben wird das Kartz von Kameke nicht, hatte er doch gerade erst auf der BDP-Mitgliederversammlung einen „starken Schutz des geistigen Eigentums“ als unerlässlich für „den Zukunftsfortschritt“ dargestellt. Auf derselben Veranstaltung gab es noch ein echtes Schmankerl des Bauernverbandes. DBV-Vizepräsident rühmte sich damit seinerzeit als Mitglied des Bundestages für die Nachbauregelung eingetreten zu sein. Dass er sich da noch dran erinnert… viele andere beim Bauernverband haben das längst vergessen…