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08.05.2008 09:47 Alter: 16 yrs
Kategorie: IG Nachbau Bauernstimme

Von der strategischen Bedeutung des Saatgutes

Stellungnahme der IGN zur Evaluation des EU-Saatgutrechtes


„Beherrsche die Energie, und du beherrscht die Nationen. Beherrsche die Nahrung, und du beherrscht die Menschen“, mit diesem Zitat des ehemaligen US-Außenministers Henry Kissinger leitet die Interessengemeinschaft gegen die Nachbaugebühren und Nachbaugesetze (IGN) ihre Stellungnahme zur Evaluation des europäischen Saatgutrechtes ein. Damit macht sie klar, welch wichtige Stellung die Macht über die Lebensgrundlagen auch in unserer modernen Gesellschaft innehat. Wie in der letzten Bauernstimme berichtet, ist Anlass dieser Stellungnahme eine Evaluation europäischen Saatgutrechtes durch die EU-Kommission. Hintergrund ist der Umstand, dass gerade dieser Bereich der EU-gemeinschaftlichen Gesetzgebung zu der ältesten zählt und damit mindestens Teile eventuell nicht mehr zeitgemäß sind. Hinzu kommt, dass sich die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsländer in der jüngeren Vergangenheit immer wieder auf die Fahnen geschrieben haben, den häufig „vom Volk“ geschmähten Bürokratiewust der Gemeinschaft zu entwirren und zu vereinfachen. Und gerade die Lobby der großen Pflanzenzüchtungsunternehmen in der EU meldet schon seit Jahren ein großes Interesse an der Deregulierung dieser Gesetzgebung an. Die EU-Kommission will sich offenbar aber auch nicht vorwerfen lassen, vorschnell alte Zöpfe im Saatgutrecht abgeschnitten zu haben, die später nicht wieder dranzubinden wären, und verfährt nach einem relativ langwierigen Prozedere.

Fairer Interessensausgleich

Sie evaluiert ausgiebig, bzw. lässt dies eine renomierte Agentur tun, die sich bisher mit Aufträgen zur Unterstützung der Gentechnik als „vom Fach“ hervorgetan hat. Schon deshalb scheint es besonders wichtig, dass nicht nur die Lobby der konventionellen Pflanzenzüchter im Rahmen der Evaluation Stellungnahmen abgeben. Bei einer sich mit dem neutralen Mantel des wissenschaftlichen umgebenden Erhebung, wie sie hier installiert wurde, müssen alle abgegebenen Stimmen berücksichtigt werden und sich im Zweifelsfall einklagen lassen können. Auch die derer, die in so einem Zusammenhang lieber nicht so gerne gehört werden. Deshalb ist es umso wichtiger, dass auch Organisationen wie die Arbeitsgemeinschaft biologisch-dynamischer Pflanzenzüchter oder eben auch die IGN etwas Schriftliches in Brüssel eingereicht haben. „Gerade das Saatgutrecht ist ein Instrumentarium, mit dem sich grundsätzlich die Interessen von Verbrauchern, Landwirten und Züchtern regeln lassen. Hier gilt es auch in Zukunft, die strategische Bedeutung nicht aus den Augen zu verlieren“, kommentiert Rechtsanwalt Matthias Miersch für die IGN. Die Bauernorganisation verweist auf das Spannungsfeld zwischen den berechtigten Interessen eines Züchters und den Belangen der Bäuerinnen und Bauer und der Allgemeinheit insgesamt. Hier müssen für alle tragbare Kompromisse gemacht werden und den jede Veränderung bedeutet zum Teil massive Machtverschiebungen von einer Seite zur anderen. Ein Beispiel für so eine Machtverschiebung ohne Konsens ist die Abschaffung des Landwirteprivilegs Mitte der 90er Jahre. Die Bäuerinnen und Bauern verweigerten sich der aus ihrer Sicht ungerechten Einführung der Nachbaugebühren und ließen es auf tausende von gerichtlichen Auseinandersetzungen mit den Züchtern ankommen. Tatsächlich nahm der Europäische Gerichtshof in seinen Urteilen Korrekturen an der als von bäuerlicher Seite als ungerecht empfundenen Machtverschiebung vor, indem er den massiven Ausforschungsabsichten der Konzerne einen rechtlichen Riegel vorschob. Auch deshalb spricht sich die IGN entschieden dagegen aus, hier unter Umständen durch neuerliche Änderungen im Saatgutrecht eine weitere Interessenverschiebung zugunsten der Züchter zu produzieren.

Marktmacht missbraucht

An anderer Stelle wird deutlich, dass das vorhandene rechtliche Instrumentarium nicht ausreicht, um für einen adäquaten Interessensausgleich zwischen Züchtern und Allgemeinheit zu sorgen. Hierbei geht es darum, dass Züchter momentan die Handhabe besitzen auch aus rein wirtschaftlichen Beweggründen Sorten nach Ablauf der Sortenschutzfrist, vom Markt verschwinden zu lassen, egal, ob dieser sie noch nachfragt oder nicht. Das ist nicht nur eine Beschneidung der bäuerlichen Freiheiten und des mündigen Konsumenten, sondern auch eine Bedrohung für die Biodiversität. Eine neu zu schaffende Erhaltungssortenregelung muss verhindern, dass die Auseinandersetzung um die Kartoffelsorte Linda erst der Anfang einer Welle wird, so die Forderung der IGN.

Echte Koexistenz

Linda hat auch deutlich gemacht, wie althergebrachte Gesetze sich im Sinne der Züchter dehnen lassen um vermeintlich mangelhafte Sorten vom Markt zu nehmen. Gegen wirkliche Mängel beim Saatgut sind Bäuerinnen und Bauern hingegen bislang häufig machtlos, wenn es darum geht nachträglich Schadensersatz von den Züchtern zu erhalten. Aus Mangel an „harten“ Kriterien wird häufig ein Freispruch aus „Mangel an Beweisen.“ Hier wird sich, darauf weist die IGN in ihrer Stellungnahme ebenfalls hin, zukünftig die Situation noch erheblich zuspitzen, wenn es um Schäden durch gentechnisch veränderte Pflanzen auf Nachbarfeldern geht. Sie fordert „Anerkennungs- und Zertifizierungsverfahren an aktuelle Herausforderungen anzupassen. Deshalb müssen in diesem Bereich die Interessen der Landwirte berücksichtigt werden, im Streitfall gerichtsfest darlegen zu können, dass das bezogene Saatgut bestimmte Eigenschaften aufwies (z. B. Keimfähigkeit, GVO-Freiheit etc.)“ Nur dann könnten überhaupt Koexistenz und Wahlfreiheit für Bauern und Verbraucher gewährleistet werden.
Die Stellungnahme ist abgeschickt, nun muss die EU-Kommission entscheiden, ob sie sich eine echte Koexistenz der Meinungen.