03.06.2006 09:31 Alter: 19 yrs
Kategorie: IG Nachbau Bauernstimme

Nicht die beste Stimmung

Auf der BDP-Mitgliederversammlung wollen Pflanzenzüchter "Ja" zur Gentechnik vom Bundesministerium


Vor einem Jahr wäre es ihm viel schwerer gefallen, hier diese Rede zu halten. Mit diesem Bekenntnis gab der Abteilungsleiter des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Jörg Wendisch, der Mitgliederversammlung des Bundesverbandes deutscher Pflanzenzüchter(BDP) zu verstehen, dass er doch mit seinen Vorstellungen zur Zukunft der deutschen Pflanzenzüchtung eigentlich immer schon auf der Seite des BDP gewesen sei. Vor einem Jahr, unter der grünen Ministerin hätte er vielleicht nicht gesagt, dass er persönlich der Gentechnik sehr nahe steht. Heute nun, unter einem schwarzen Minister, kann ihm das Herz leichter sein. Kann es das wirklich? - Angesichts der Stimmung im Saal unter den zur BDP-Mitgliederversammlung nach Lüneburg gereisten rund 150 Pflanzenzüchter war das zu bezweifeln. Denn Enttäuschung und Frust herrschen vor, hat doch der neue Minister längst nicht so eindeutig das Ruder in die andere Richtung herumgerissen, wie es das hier versammelte Klientel gern gesehen hätte. Jörg Wendisch versuchte deshalb um Verständnis zu werben, dafür dass der Minister als Politiker, der er ja nun mal ist, nur die Kunst des Möglichen betreiben kann und natürlich auf Stimmen der Wähler schauen und hören muss. Und die sprechen sich nach wie vor in ihrer Mehrheit gegen die Agro-Gentechnik aus. Bei allen Bekenntnissen zu mehr Forschung und Entwicklung, zu Bio- und Gentechnologie, die Merkel, Seehofer und hier auch Wendisch ablegen, betonen sie alle stets, dass die Akzeptanz der umstrittenen Technologie verbessert werden muss. Dafür versprach Wendisch den Pflanzenzüchtern in Lüneburg sogar den Einsatz öffentlicher Mittel - Meinungsmache als Bildungsauftrag. Jörg Wendisch erläuterte auch, dass man im Ministerium derzeit damit beschäftigt sei, das Gentechnik-Gesetz dahingehend zu ändern, dass "Forschung und Anwendung befördert werden." Ziel aller Bemühungen des Ministerium sei es, die Rahmenbedingungen für die Pflanzenzüchtung zu erweitern. Einige der anwesenden Pflanzenzüchter hätten es da gern etwas konkreter gehabt, zum Beispiel in Bezug auf den Schwellenwert für eine gentechnische Verunreinigung beim Saatgut. Sie wünschen sich eine nationale Festlegung, wenn sich die EU-Kommission weiterhin mit einer europäischen Lösung so schwer tut. Ein Saatgutschwellenwert sei für ein Koexistenz-Konzept unabdingbar, betonte Ferdinand Schmitz, BDP-Geschäftsführer. Der Minister sei da noch im Meinungsbildungsprozess, ließ Wendisch verlauten, man frage sich, ob zum derzeitigen Zeitpunkt die Festlegung eines Schwellenwertes unter Berücksichtigung der Akzeptanzsituation sinnvoll sei. Daraufhin entspann sich eine Diskussion, in der sehr deutlich wurde, das die Pflanzenzüchter mehr Tempo in der Entwicklung und "ein klares Bekenntnis von Seehofer zur Gentechnik" wollen. Wendisch musste - ob er wollte oder nicht - als Bremser fungieren und immer wieder auf den "Kern des Problems: die Ablehnung der Mehrheit der Bevölkerung" verweisen. Forschungsmilliarden und Stimmungsmache sollen zukünftig endlich den Weg bereiten.

Nachbau unbefriedigend

War die Gentechnik das dominierende Thema, so blieb dennoch Raum für ein einen weiteren Bereich, der den Pflanzenzüchtern Frust bereitet: die Nachbauregelung. In seinen einleitenden Worten hatte schon der BDP-Vorsitzende Kartz von Karmeke konstatiert, dass die Züchtung eine Stärkung des geistigen Eigentums brauche. Die Schlupflöcher im Nachbau müssten geschlossen werden und der Züchtungsfortschritt müsse auf alle Schultern verteilt werden um zu verhindern, dass die ehrlichen Bauern am Ende die Dummen seien. Auch Jörg Wendisch bezeichnete die Situation als unbefriedigend. Deshalb habe es ja auch schon Gespräche zwischen Ministerium und BDP gegeben. Wendisch betonte, es sei klar, dass man das Sortenschutzgesetz ändern und die Auskunftspflicht erweitern müsse. Man wolle da noch im Sommer zu Ergebnissen kommen. Was Bäuerinnen und Bauern dazu denken, war kein Thema...

Nur Platz für vier

In Europa gibt es zukünftig nur Platz für vier wettbewerbsfähige Getreidezüchter. Zu dieser Erkenntnis kommt der designierte neue Geschäftsführer der Lochow-Petkus GmbH, Jürgen Leitzke und kündigte gleichzeitig an, das sein neuer Arbeitgeber einer der vier sein will. Nur mit einem Marktanteil von rund 25 % werde man genug Geld verdienen, um ausreichend in die Züchtung investieren zu können. In Großbritannien gäbe es bereits so eine Situation so Leitzke. In Deutschland hält Lochow-Petkus derzeit einen Marktanteil in den Hauptgetreidearten von 24 %, den Rest teilen sich allerdings (noch) ein paar mehr als nur drei Mitbewerber.

Bauer haftet

"Der Landwirt wurde aufgeklärt darüber, dass Einträge in Nachbarfelder zu wirtschaftlichen Beeinträchtigungen derselben und dort erzeugter Produkte zur Folge haben können. Daraus resultierende etwaige Ansprüche der Nachbarn sollen hingegen durch die Einhaltung der in diesem Vertrag geregelten Guten fachlichen Praxis vermieden werden. Der Händler haftet lediglich für den vertragsgemäßen Zustand des verkauften YieldGard-Maissaatgutes, nicht aber für wirtschaftliche Nachteile oder Schäden, die dem Landwirt oder Dritten trotz Einhaltung der Vorsorgepflichten entstehen." Diese Haftungsklausel hat unterschrieben, wer dieses Jahr für Monsanto gentechnisch verändertes Maissaatgut ausgesät hat. Damit sind der Konzern wie auch der jeweilige Händler aus jeglicher Verantwortung raus. Der nächste Ökoacker muss laut diesem Vertrag übrigens 300 Meter weit weg sein - weiter also als Monsanto-Vertreter gern auf Veranstaltungen als Abstandsempfehlung geben.