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04.05.2018 14:43 Alter: 6 yrs
Kategorie: IG Nachbau Bauernstimme
Von: Unabhängige Bauernstimme 4/18

Bäuerliche Hirsezüchtung in Mali

Sortenentwicklung gemeinsam mit Bauernorganisationen vor Ort


Mali ist ein westafrikanisches Land mit reicher kultureller Tradition und einer großen landschaftlichen Vielfalt, das sich von der Wüste Sahara bis in die afrikanische Guinea-Savannenregion erstreckt. Auf einem Gebiet, das mehr als dreimal so groß ist wie Deutschland, leben 18 Millionen Menschen — die meisten von ihnen im Süden des Landes. 70% der Bevölkerung sind in der Landwirtschaft tätig. Angebaut werden vor allem Sorghum- und Perlhirse sowie in fruchtbareren Gegenden auch Mais und Reis. Außerdem haben der Baumwollanbau und die Tierhaltung eine große Bedeutung. Nach offiziellen Statistiken gehört Mali zu den ärmsten Ländern der Welt., Die Verbesserung der Ernährungssicherheit und die Armutsbekämpfung sind daher die wichtigsten Ziele der Pflanzenzüchtung.

Saatgut aus Bauernhand

Nahezu alle Bäuerinnen und Bauern produzieren eigenes Saatgut von lokalen Hirse-Sorten, d.h. sie kennen sich sehr gut aus mit den Eigenschaften der Sorten und mit der Saatgutproduktion. Sollte jemand kein eigenes Saatgut haben, ist es eine Ehrensache, dass man sich gegenseitig aushilft. Dadurch wird sichergestellt, dass Saatgut diverser Sorten immer verfügbar ist. Saatgut zu kaufen war bis vor kurzem unüblich, da man es bei Bedarf jederzeit unentgeltlich erhalten konnte. Um unter diesen Bedingungen erfolgreich neue Sorten zu entwickeln, muss man nicht nur die Situation im Land sehr gut kennen und verstehen; wichtig ist auch zu wissen welche Sorteneigenschaften aus der Sicht der Bäuerinnen und Bauern Vorteile bringen. Zwar kann man mit einzelnen Bauern gut darüber reden, warum die eine oder andere Sorte angebaut wird und welche Eigenschaften besonders interessant sind. Wenn es jedoch darum gehen soll, ein ganzes Züchtungsprogramm auf die Bedürfnisse der Bäuerinnen und Bauern auszurichten, benötigt man andere Formen der Zusammenarbeit, die dauerhaft sind und gewährleisten, dass alle Schritte gemeinsam geplant werden. Um eine solche langfristige Zusammenarbeit zu etablieren, wurden Partnerorganisationen gesucht, deren Mitglieder sich für den Hirseanbau interessieren. Ein Beispiel ist die Bauernkooperative Union locale des producteurs de céréales (ULPC) in Dioila, deren Mitglieder Getreide produzieren und die Überschüsse gemeinsam vermarkten. Nach einem anfänglichen Austausch zwischen Züchtern und Vertretern von ULPC wurden die folgenden Ziele für das Zuchtprogramm festgelegt: Im Vergleich zu den vorhandenen Sorten sollten Neuzüchtungen höhere Kornerträge liefern, das Korn sollte gute Eigenschaften für die Lagerung und Verarbeitung haben und das Stroh sollte ebenfalls lagerfähig sein, um während der Trockenzeit als Viehfutter zu dienen. Alle Züchtungsschritte wurden dann gemeinsam organisiert: Wer interessiert sich dafür, in den Zuchtpopulationen einzelne Pflanzen mit den gesuchten Eigenschaften zu finden? Welche Bauern sind in der Lage, auf ihren Hirsefeldern 50-70 kurze Einzelreihen zum Testen und Selektieren anzubauen? Wer ist bereit, als Gruppe von mindestens vier Personen Versuche mit größeren Parzellen und 20-30 verschiedenen Experimentalsorten anzulegen? Wer kann die neu-selektierten Sorten unter jeweils zwei verschiedenen Anbaubedingungen evaluieren? Wer ist bereit, Saatgut zu verpacken und zu verkaufen? Jedes Jahr wurden die Details neu geplant – und zwar gemeinsam, von Vertretern der ULPC und den Züchtern, auf der Basis der bisherigen Erfahrungen: Was lief gut, was könnte man in Zukunft besser machen?

Gemeinsames Projekt

Auf diese Weise wirken viele Bäuerinnen und Bauern an den verschiedenen Aufgaben mit. Beispielsweise gibt es einzelne Spezialisten, Frauen und Männer, die gerne selektieren. Drei bis fünf Dorfgruppen bauen regelmäßig Sortenversuche an und haben viel gelernt über die Betreuung und Durchführung solcher Versuche; die Ergebnisse werden inzwischen für die Sortenzulassung und für wissenschaftliche Veröffentlichungen genutzt. Neue samenfeste Sorten, aber auch Hybriden (die Entwicklung von Hybriden ist bei Sorghum relativ einfach), wurden gemeinsam identifiziert und zur Saatgutproduktion zugelassen. Die neuen Sorten sind sehr unterschiedlich: Manche sind den ursprünglichen Landsorten sehr ähnlich, reifen aber etwas früher und haben verbesserte Korneigenschaften, z.B. weiße Farbe und niedrigere Verarbeitungsverluste beim Mahlen und Kochen; andere sind wesentlich frühreifer, mit diversen unterschiedlichen Kornqualitäten für verschiedene Verwendungszwecke, wieder andere haben deutliche Ertragsvorteile und bessere Futterqualität des Strohs. Die Zusammenarbeit mit dem Züchtungsprogramm hat viel zur Entwicklung der Bauernorganisation ULPC beigetragen, indem Organisationsstrukturen gefestigt wurden. Beispielsweise wurde in jeder Gemeinde ein Saatgutkomitee gegründet, das die Aktivitäten unterstützt. Jeweils ein Sprecher informiert regelmäßig das Präsidium der ULPC, das ein wichtiger Ansprechpartner für die Züchter ist. Einzelne Mitglieder der Kooperativen produzieren mittlerweile zertifiziertes Saatgut — auch von den Hybriden — und die Saatgutvermarktung wächst von Jahr zu Jahr. Davon profitieren nicht nur die einzelnen Produzenten, sondern auch die Kooperative insgesamt, da deren Mitglieder mit den neuen Sorten höhere Erträge erzielen und die wachsenden Überschüsse vermarktet werden. Insgesamt trägt die gemeinsame Züchtungsarbeit also zur Erzielung von Einkommen und zur Verbesserung der Lebensbedingungen bei. Dadurch, dass die Züchtungsarbeit und Saatgutproduktion gemeinschaftliche Aufgaben sind und die Kooperative stärken, wird an die traditionelle Kultur angeknüpft, in der die Saatgutarbeit Teil gegenseitiger Verpflichtungen innerhalb der Gemeinschaft war. Über die Autoren: Eva Weltzien und Fred Rattunde waren 30 Jahre lang als Hirsezüchter in Mali, anderen Ländern Westafrikas und Indien für ICRISAT tätig. ICRISAT ist ein internationales Agrarforschungszentrum, das sich mit den Kulturen und Anbausystemen der semi-ariden Regionen Afrikas und Asiens beschäftigt. In diesem Rahmen haben sie Zuchtmethoden entwickelt, bei denen der Zuchtfortschritt mit der Erhaltung von Biodiversität gekoppelt ist. Die Züchtung fand zudem eingebunden in die jeweiligen kulturellen Gegebenheiten statt und sollte zur Entwicklung von Saatgutsystemen beigetragen, die auf dem Wissen und Knowhow von Bauern aufbauen und deren Organisationen stärken. Der Artikel entstand in Zusammenarbeit mit Eva Gelinsky (IG Saatgut) und Sebastian Kußmann (junge AbL).