Aktuell

16.06.2023 09:44

Gentechnikfreie Landwirtschaft vor dem Aus?

AbL fordert Bundesregierung auf, inakzeptablen Gesetzesvorschlag zu neuen Gentechniken...


Kat: ABL e.V., Presse, Startseite, Themen, Gentechnikfrei, Aktuelles-Gen, Klima, IG Nachbau, Aktuelles, IG Nachbau Bauernstimme
16.05.2023 08:05

Einspruch gegen Patent auf Mais mit altbekannten Eigenschaften

Patentrecherche zeigt alarmierende neue Fälle von Patenten auf Saatgut


Kat: ABL e.V., Presse, Startseite, Gentechnikfrei, Aktuelles-Gen, IG Nachbau, Aktuelles, IG Nachbau Bauernstimme, Presseerklärung
28.04.2023 20:51

Neues Patentgesetz in Österreich: Klares Signal gegen Patente auf Saatgut

Zufällige Mutationen sind vom Patentschutz ausgenommen


Kat: ABL e.V., Presse, Gentechnikfrei, Aktuelles-Gen, IG Nachbau, Aktuelles, IG Nachbau Bauernstimme, Presseerklärung
zum Archiv ->

ABL eV.

Hier geht es zur Homepage

abl-ev.de

Bauernstimme

Hier geht es zu unserem

ABL-Verlag

09.03.2008 09:45 Alter: 16 yrs
Kategorie: IG Nachbau Bauernstimme

Erlaubter Nachbau nach verbotener Aufbereitung

Aufbereiter und IGN-Anwälte legen Verfassungsbeschwerde nach verhinderter Revision ein.


Eigentlich ist der Fall ganz einfach: Zwei landwirtschaftliche Betriebe in Brandenburg hatten eigenes Erntegut der blauen Lupine und wollten dies im Folgejahr wieder aussäen. Sie ließen es vom Aufbereiter Hans-Jürgen Wahl aufbereiten. Danach stellten sie fest, dass die blaue Lupine nicht in den Listen auftaucht, die die Saatguttreuhand-Verwaltungs GmbH (STV) im Zusammenhang mit ihren Auskunftsersuchen zur Erhebung der Nachbaugebühren verschickt. (Mittlerweile ist die blaue Lupine dort übrigens aufgenommen und kann damit ganz unproblematisch nachgebaut werden.) Damals war ihnen damit jedenfalls klar, dass ein Nachbau verboten ist. Da sie die Partien dennoch gerne aussäen wollten, kontaktierten sie den Züchter und baten um eine individuelle Genehmigung zur Aussaat. Diese wurde ihnen erteilt, eine Lizenzgebühr ihnen gegenüber erhoben und gezahlt. Die blaue Lupine landete auf dem Acker. So weit so gut, sollte man meinen. Hätte nicht der Aufbereiter Wahl plötzlich eine Klage in seinem Briefkasten gefunden. Ihm wird von Seiten der Pflanzenzüchter eine Verletzung ihrer Sortenschutzrechte vorgeworfen. Damit klagen sie auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung und Schadensersatz. Es ist gradezu verrückt: „Erst erteilen sie eine Genehmigung zum Anbau und dann schreien sie: Sortenschutzverletzung“, sagt Hans-Jürgen Wahl. Man wirft ihm vor „fahrlässig Prüfungspflichten verletzt“ zu haben, da er sich bevor er die Körner durch seine Aufbereitungsanlage hat laufen lassen, nicht schlau gemacht hatte, ob es sich um eine Art bzw. Sorte handelt, deren Nachbau erlaubt ist. Denn – so die Begründung der Klägerin - beim Akt der Aufbereitung gab es die erst später erteilte Genehmigung des Züchters zum doch noch erlaubten Nachbau der blauen Lupine ja noch nicht.

Blau oder Gelb?

Optisch anhand der Körner erkennen zu können ob es sich in diesem Fall um die gelbe Lupine handelt, deren Nachbau erlaubt ist oder um die blaue, deren Nachbau damals noch nicht erlaubt war ist mindestens schwierig, wenn nicht unmöglich. Natürlich hätte der Aufbereiter seine landwirtschaftlichen Kunden fragen können, entscheidender ist aber, hätte er es müssen? Nein, sagt das höchste europäische Gericht, der EuGH eindeutig. Aufbereiter sind nicht verpflichtet, sich darüber zu informieren, mit welchen Sorten sie es zu tun haben. Das Landgericht Leipzig und vor allen Dingen auch das Oberlandesgericht in Dresden sehen das allerdings anders. Sie ignorierten schlichtweg die Aussage des EuGH und auch eine ähnlich gelagerten Fall, der vor dem Oberlandesgericht in Düsseldorf verhandelt wird. Sie verurteilten Hans-Jürgen Wahl. Und damit nicht genug, das OLG Dresden hält die ganze Angelegenheit für so eindeutig und gleichzeitig für so bedeutungslos, dass es mit seinem Beschluss gar nicht erst mündlich zu verhandeln und keine Revision zuzulassen, den Rechtsweg komplett abgeschnitten hat. „Das OLG hat sämtliche höchstrichterliche Entscheidungen beiseite gewischt“, konstatiert Hans-Jürgen Wahl. BGH und EuGH hatten in der Vergangenheit offengelassen, ob es rechtens ist, das ein Dritter, in diesem Fall der Aufbereiter, für ein eventuelles Fehlverhalten der Bauern (Nachbau nicht zugelassener Sorten) geahndet werden kann. In dem parallel angelegten Fall vor dem OLG Düsseldorf, formulierten die dortigen Richter, dass eine Aufbereitung nicht rechtswidrig sein kann, wenn der Nachbau erlaubt ist. In Sachsen war der Nachbau durch die individuelle Genehmigung des Züchters zugelassen, die Aufbereitung soll aber trotzdem unzulässig gewesen sein. Allein schon die Tatsache, dass zwei gleichrangige Gerichte hier unterschiedlicher Meinung sind, sollte dazu führen, dass der Angelegenheit der Weg vor die nächst höhere Instanz – in diesem Fall dem Bundesgerichtshof – geebnet wird. Ebenso stößt bei Wahl und seinen Rechtsanwälten der Interessengemeinschaft gegen die Nachbaugebühren und Nachbaugesetze auf Unverständnis, das das Verfahren als nicht allgemeinbedeutend eingestuft wird. Zur hier zentralen Frage in wie weit ein Aufbereiter für eventuelle Versäumnisse oder absichtliche Mauscheleien von Bäuerinnen und Bauern zur Rechenschaft gezogen werden kann, hat sich bereits ein BGH-Richter geäußert. Er hält die Klärung dieser Frage für absolut notwendig und würde sie, wenn sie ihm auf den Tisch käme, dem EuGH vorlegen. Das OLG Dresden mag sie ihm offenbar aus noch ganz anderen Gründen nicht auf den Tisch legen. Welches aber die Gründe für das Verhalten der Richter ist, kann man nur spekulieren. All die Fragezeichen waren jetzt Grund genug für Wahl und die IGN, Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht einzulegen. Nur dort kann darüber beschieden werden, ob die angewandte Rechtswegverkürzung rechtens ist. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Vorgang rund um die blaue Lupine, könnte bei einem Erfolg erneut stattfinden.

Vertrauensverlust

Der Fall passt schön in das Schema der Argumente, mit denen die Pflanzenzüchter derzeit eine neue gesetzliche Nachbauregelung durchsetzen wollen: Man wolle doch nur ein gerechtes System und man müsse unterbinden, dass die ehrlichen Landwirte die Dummen seien. Hier waren Landwirte ehrlich und haben bereitwillig die Züchter darüber informiert, was sie tun. Prompt kriegen sie die Quittung: ihr Aufbereiter wird ohne mit der Wimper zu zucken von der STV in die kriminelle Ecke gestellt. Und der fragt nun: „Wer hat denn da noch ein Fünkchen Vertrauen zu den Züchtern?“