01.10.2004 09:07 Alter: 20 yrs
Kategorie: IG Nachbau Bauernstimme
Vor vielen Gerichten beackert
Eine Übersicht über laufende und beendete Gerichtsverfahren in Sachen Nachbaugebühren
Streitfrage | Höchste Instanz vor der bislang verhandelt wurde | Ausgang beendeter Verfahren |
Auskunft Bauern | EuGH | Entscheidung gegen eine pauschale Auskunftspflicht der Bäuerinnen und Bauern, Züchter müssen Anhaltspunkte vorlegen |
Gebühren | EuGH | Sehr unterschiedliche Auffassungen der Landgerichte, Ausgang des EuGH-Verfahrens noch offen |
Auskunft Aufbereiter | EuGH | Ebenfalls unterschiedliche Auffassungen der Land- und Oberlandesgerichte, im EuGH-Verfahren hat sich der Generalanwalt für eine allgemeine Auskunftspflicht der Aufbereiter ausgesprochen, Urteil steht noch aus. |
Kontrollen | LG | Gegensätzliche Entscheidungen darüber in wie weit sich Bäuerinnen und Bauern, die das Kooperationsabkommen unterschrieben haben, auf Kontrollen durch die STV einlassen müssen. |
Kartellverfahren | BGH | STV darf alle Pflanzenzüchter als Nachbaugebühreneinzugsorganisation vertreten |
Verfahren zur Auslegung der „Anhaltspunkte“, der Veranlagung nach dem sogn. gesetzlichen Verfahren, Datenschutz, Verjährung und andere Verfahren Sortenschutzverletzungen | BGH | Wie hat sich der EuGH das mit den Anhaltspunkten im Auskunftsverfahren der Bauern gedacht? Im Prinzip geht es in diesem Verfahrenskomplex um die Auslegung der im EuGH- Auskunftsverfahren aufgebrachten Anhaltspunkte. Verschiedene OLGs sind zu unterschiedlichen Auslegungen gekommen, entgültige Entscheidungen stehen noch aus. Mit einbezogen ist auch der Bereich der Sortenschutzverletzungen, hier gibt es eine OLG Entscheidung: Wer gar nicht auf Schreiben der STV reagiert, auch wenn er Anhaltspunkte vorgelegt bekommt, begeht eine Sortenschutzverletzung |
Wer blickt noch durch beim Thema Nachbaugebühren? Da ist zunächst die Frage der Auskunftspflicht. In wie weit können die Sortenschutzinhaber, also die Pflanzenzüchter, Auskunft von den Bäuerinnen und Bauern zu deren Nachbau verlangen? Diese Frage hat der oberste europäische Gerichtshof (EuGH) klar zugunsten des beklagten Bauern, bzw. der ihn vertretenden Interessengemeinschaft gegen die Nachbaugebühren und Nachbaugesetze (IGN) beantwortet. Demnach dürfen die Sortenschutzinhaber nicht pauschal Auskunft verlangen sondern müssen zunächst Anhaltspunkte vorlegen, aus denen hervorgeht, dass die angeschriebene Bäuerin oder der Bauer die entsprechende Sorte im Betrieb verwendet hat. Wie diese Anhaltspunkte nun genau auszusehen haben, darüber streiten sich wiederum immer noch die Gerichte. Mehrere Verfahren sind beim Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe anhängig.
Nachdem die Sortenschutzinhaber bzw. die von ihnen gemeinschaftlich beauftragte Organisation, die Saatgut-Treuhandverwaltungs GmbH (STV) die Ablehnung der pauschalen bäuerlichen Auskunftspflicht hinnehmen mussten, versuchten sie vermehrt über Aufbereiter von Nachbausaatgut an die entsprechenden Informationen zu kommen. Auch diese wehrten sich oft auf Drängen ihrer bäuerlichen Kundschaft, so dass auch hier bis zum EuGH prozessiert wird. Das dort noch laufende Verfahren könnte allerdings eine etwas andere Wendung nehmen, als jenes zur bäuerlichen Auskunft. Nicht unwahrscheinlich ist eine Entscheidung, die die pauschale Auskunftspflicht der Aufbereiter bewusst bejaht. Bäuerinnen und Bauern sollten deshalb im Umgang mit Aufbereitern eher sparsam mit Informationen sein.
Ein weiterer Schwerpunkt der Auseinandersetzungen liegt bei den eigentlichen Nachbaugebühren. Der Gesetzgeber hat festgeschrieben, das die Sortenschutzinhaber Nachbaugebühren verlangen dürfen, die deutlich niedriger sein müssen, als die von ihnen festgelegten Lizenzgebühren. In der europäischen Gesetzesgrundlage sind 50 % der Z-Lizenzgebühren als angemessene Gebühr festgeschrieben, wenn nicht - wie bei uns - eine berufsständische Vereinbarung (ehemals Kooperationsabkommen, heute Rahmenregelung Saat- und Pflanzgut) existiert, in der teilweise viel höhere Nachbaugebühren veranschlagt werden. Ebenfalls höhere Nachbaugebühren, nämlich 80 % der Z-Lizenz sollen Bäuerinnen und Bauern zahlen, die sich weigern, die entsprechende Vereinbarung zu unterschreiben. Ob diese Ungleichbehandlung rechtens ist und welche maximale Gebührenhöhe in Deutschland zulässig ist, damit befasst sich derzeit der EuGH. Die Entscheidung steht noch aus.
Ein weiterer strittiger Punkt war die Frage, ob die STV als alleinige Organisation, sämtliche Sortenschutzinhaber mit ihrem Ansinnen Nachbaugebühren einzuziehen, vertreten darf. Auch das Bundeskartellamt hatte mehrfach Bedenken geäußert, ob so eine Macht- und Interessenbündelung zulässig ist. Letztlich hat allerdings der BGH entschieden, dass er keine kartellrechtlichen Probleme mit der STV als Alleinvertreterin der Sortenschutzinhaber hat.
Zwei kleinere Schauplätze gerichtlicher Auseinandersetzungen beziehen sich zum Einen auf die Frage in wie weit die STV vor Ort Kontrollen auf Höfen und in den jeweiligen Buchführungsunterlagen durchführen darf, wenn zuvor das Kooperationsabkommen bzw. die Rahmenregelung Saat- und Pflanzgut von der jeweiligen Bäuerin bzw. dem Bauern unterschrieben worden war. Es gibt gegensätzliche Entscheidungen verschiedener Landgerichte.
In der Frage der Sortenschutzverletzung gibt es das Urteil eines Oberlandesgerichtes. Es entschied, dass jemand der nicht auf die Schreiben der STV reagiert hat, auch dann nicht, wenn ihm Anhaltspunkte - sprich Aufbereiterrechnungen aus denen Sortennamen hervorgehen o. ä. - vorgelegt wurden, tatsächlich eine Sortenschutzverletzung begeht, wenn er nachgebaut hat. Die Nachbaugebühren bleiben also nicht nur juristisch ein weites Feld, dass letztlich nur politisch für alles Seiten befriedigend bestellt werden kann. Leider sind Pflanzenzüchter und Bauernverband nach wie vor nicht wirklich dazu bereit.