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04.05.2018 14:38 Alter: 6 yrs
Kategorie: IG Nachbau Bauernstimme
Von: Unabhängige Bauernstimme 3/18

Viele Vögel und vogelfreies Saatgut

Die Rückkehr der Linse auf die Schwäbische Alb


Woldemar Mammel von den Lauteracher Alb-Feld-Früchten hat 1985 damit begonnen, die auf der Schwäbischen Alb verloren geglaubte Alblinse wieder anzubauen. Es bedurfte einige Anstrengungen vor allem von ihm das traditionelle Linsen-Saatgut wieder zurück zu gewinnen. Heute zählt die 2001 gegründete bäuerliche Öko-Erzeugergemeinschaft Alb-Leisa mehr als 80 Bauern, die erfolgreich Linsen auf der gesamten Schwäbischen Alb wachsen lassen. Mammel berichtet, wie sie die Linse zurück auf den Acker gebracht haben: „Als ich 1985 anfing, auf meinem Hof in Lauterach wieder Linsen anzubauen, gab´s in den Läden nur die großen Hellerlinsen. Heute heißen sie, damit´s auch jeder kapiert, Tellerlinsen. Die alten Bauern auf der Alb schwärmten noch vom Geschmack der kleinen Alblinsensorten. Die aber waren komplett verschwunden. Und so besorgte ich mir sogenannte „Konsumware“ aus Italien und Frankreich. Sorten mit kleinen, fast winzigen Linsen. Anders als im Orient isst man Linsen in Deutschland traditionell mit Schale, denn dort sitzt der Geschmack (und noch dazu wichtige Nährstoffe). Und weil kleine Linsensorten mehr Schalenanteil haben als große, sind sie meist auch viel geschmacksintensiver. Beim Testessen mit älteren Kollegen hat die französische, dunkelgrün marmorierte Sorte „Anicia“ das Rennen gemacht. Sie ist geschmacklich so ziemlich das „Linsigste“ was man sich vorstellen kann. Zum Glück entpuppte sie sich auch als recht ertragreich. Aber das ist für die Kunden ja nicht interessant. Für den Anbauer wichtige Eigenschaften sind für den Verkauf nicht entscheidend, für den Kunden zählen Geschmack, Konsistenz und Kochverhalten.

Russischer Fund

Als 2006 die verloren geglaubten Späthschen Alblinsen aus den 1940/50er Jahren in der Russischen Vavilov-Genbank in St. Petersburg entdeckt wurden, haben wir dieses Saatgut auf die Alb geholt, vermehrt und nach 3 Jahren ein Testessen veranstaltet. Am Schluss gab´s ein dickes schwäbisches Lob: „Man kann sie essen“. Glück gehabt. Bei der mehrere Jahre dauernden Vermehrung der paar Körner aus der Genbank ist mir aufgefallen, dass da nicht lauter gleiche Pflanzen heranwuchsen. Richtig homogen war keine der Saatgut-Proben. Hatten sie in der Genbank etwa geschlampt? Orientiert an den alten Bundessortenbeschreibungen über die Späthschen Alblinsen begann ich, Pflanzen in einem Gewächshaus zu selektieren. Doch dann entdeckte ich auch in historischen Alblinsenfunden von der Alb „Verunreinigungen“. Heute bauen wir bewusst diese nicht ganz homogenen Sorten an, in der Hoffnung, dass ihre genetische Vielfalt die Anpassungsfähigkeit an die verschiedensten Bedingungen auf den Äckern steigert. Linsen mögen´s trocken. Bei unseren hohen Niederschlägen wachsen sie viel zu hoch hinauf und werden instabil. Sie bleiben nur senkrecht, wenn sie von standfesten Stützfrüchten umgeben sind. Braugerste, Hafer und Leindotter sind dabei unsere Favoriten. Hier sind wir auf Sorten angewiesen, die gut mit der Linse harmonieren und sie durch kräftige Stängel stützen. Außerdem reifen Linsen nicht gleichzeitig ab. Im Druschgut sind meist noch viele unreife, grüne, feuchte Körner. Ein Feuchtigkeitsgehalt zwischen 20 und 30 Prozent ist da nichts Ungewöhnliches. Ohne eine Trocknungsanlage in der Umgebung sollte man deshalb lieber keine Linsen aussäen. Auch unsortiert kann man Linsen nicht verkaufen. Standardausrüstung einer guten Linsenreinigungs- und Saatgutaufbereitungsanlage sind Vorreiniger, Aspirateure, Trieure, Gewichtsausleser und optische Farbausleser. So etwas können sich nur große, spezialisierte Betriebe leisten. Oder kleine Betriebe bilden eine Erzeugergemeinschaft, damit solch eine Anlage ganzjährig ausgelastet ist.

Gemeinsam stark

Aus dieser Überlegung heraus ist vor 17 Jahren die Öko-Erzeugergemeinschaft Alb-Leisa entstanden. Zur Zeit bringen über 80 Bauern die Ernte von etwa 300 ha direkt vom Mähdrescher in 4 dezentrale Trocknungsanlagen. Dort wird die Ernte in Silos zwischengelagert, bis sie in der zentralen Reinigungsanlage des Verarbeitungsbetriebs Lauteracher Alb-Feld-Früchte sortiert, abgepackt und verschickt werden. In Lauterach wird auch das Saatgut der Erzeugergemeinschaft aufbereitet. Für 300 ha sind das ja etliche Tonnen, die man weder in der Genbank, noch auf dem freien Markt beziehen kann. Jährlich werden dafür die optisch schönsten Partien zurückbehalten, oder auch mal überlagert. Denn in feuchten Jahren kann man auf der ganzen Alb kaum eine gesunde Saatgutpartie ernten. Bei der Reinigung des Saatguts fließen die Linsen durch Siebmaschen, werden nach dem spezifischen Gewicht und nach der eingestellten Farbe aussortiert. Wie diese maschinelle Selektion die Genetik der Sorten beeinflusst, wissen wir noch nicht. Sicher werden sie dadurch nicht resistent gegen Herbizide, eine Eigenschaft, die Linsensorten im größten Linsenanbaugebiet der Welt, Saskatchewan in Kanada, mitbringen müssen. Hinter vielen dort angebauten Sorten steht ein „cl“ (das steht für Clearfield, eine eingetragene Marke der BASF, zu der auch der „Clearfield-Raps“ gehört). Dahinter verbirgt sich die Resistenz gegen ein Totalherbizid. Sauberer Acker. Unkrautfrei. Nur die Linse überlebt und das ganz ohne Gentechnik, mit „herkömmlicher“ Züchtung. Traumhaft, sagen die großen Farmer. Und wir Bio-Idioten in Old Europe sind stolz darauf, dass auf unseren Linsenäckern die höchste Artenvielfalt an Ackerwildkräutern und, wen wunderts, die höchste Lerchendichte in unserer Landschaft gefunden wurde. Traumhaft, sagen wir auf der Alb. Und gerne auch woanders: In der deutschen Genbank in Gatersleben schlummern noch einige lokale Sorten aus früheren Zeiten. Die Weihenstephaner Linse, die Marmorierte, die Gestreifte, die Kyffhäuser Linse u.a. Es wäre schade, wenn sie weiterhin in der Genbank lebendig begraben blieben. Regionale Anbauinitiativen könnten versuchen, diese Schätze wieder auf den Teller zu bringen. Es muss ja nicht immer die Anicia sein. Und uns bleibt noch ein letzter Wunsch an die Politik: Linsen sind weder im nationalen noch im europäischen Sortenregister gelistet. Man kann sie als Saatgut oder Konsumware handeln, für andere Kulturen „legal“ kaum denkbar. Linsen sind vogelfrei. Noch. Das sollte auch so bleiben.“ Protokolliert von: Sebastian Kußmann; Dr. Eva Gelinsky, IG Saatgut; Dr. Carl Vollenweider, Forschung & Züchtung Dottenfelderhof